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Berlin,
09. Novemer 1989
Am Abend des 09. November 1989 hält Günter Schabowski, Mitglied des des Politbüros der SED, in Ostberlin eine Pressekonferenz vor Journalisten aus
aller Welt, die vom Fernsehen der DDR live übertragen wird (1).
Auf Nachfrage des italienischen Journalisten Riccardo Ehrmann holt
Günter Schabowski um 18.53
Uhr einen Zettel aus seiner Tasche heraus, den er vor der Pressekonferenz von Egon Krenz, dem Nachfolger
Erich Honeckers, bekommen hat (2) und liest stockend vor:
"Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen
- Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse - beantragt werden.
Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.
Die zuständigen Abteilungen Paß- und Meldewesen der VPKÄ (der Volkspolizeikreisämter) in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen
Ausreise unverzüglich zu erteilen, ohne daß dabei noch geltende
Voraussetzungen für eine ständige Ausreise vorliegen müssen." (3)
Schabowski ist sich nicht sicher, was er da verlesen hat und wird schon mit einer
weiteren Frage konfrontiert: "Gilt das auch für Westberlin?".
Er zuckt mit den Schultern und antwortet:
"Also, doch, doch" und liest dann weiter vor:
"Die ständige Ausreise kann über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur
BRD bzw. zu Westberlin erfolgen."
Schabowski wird gefragt: "Wann tritt das in Kraft?" und er antwortet:
"Das tritt nach meiner Kenntnis ... ist das sofort, unverzüglich." (4)
Die DDR-Nachrichtenagentur ADN verbreitet den von Schabowski verlesenen Text um
19.04 Uhr, der dann um 19.30 von der Aktuellen Kamera im DDR-Fernsehen und um 20.00 Uhr von der
Tagesschau mit der Meldung "DDR
öffnet Grenze" (5) gesendet wird.
Schon gegen 20.30 Uhr treffen die ersten DDR-Bürger am Grenzübergang
Bornholmer Straße ein um zu sehen, was nun los ist.
Der Grenzübergang ist aber weiterhin für DDR-Bürger ohne gültiges Visum geschlossen.
Es kommen immer mehr Menschen zum Grenzübergang und gegen 21.00 Uhr fordert die
Menge die Öffnung der Grenze.
Die Situation spitzt sich zu, die diensthabenden Grenzsoldaten haben keinen
Befehl zur Öffnung der Grenze erhalten und die Menge vor dem Grenzübergang
ruft: "Tor auf! Tor auf" (6).
Um 22.30 Uhr ruft der diensthabende Chef der Grenzübergangsstelle erneut seine
Vorgesetzten an und teilt ihm mit: "Es ist nicht mehr zu halten. Wir müssen die GÜST
aufmachen. Ich stelle die Kontrollen ein und lasse die Leute raus." (7)
(GÜST: Grenzübergangsstelle).
Wenig später geben auch die diensthabenden Offiziere der anderen Grenzübergangsstellen dem Druck der Straße nach und öffnen die
Grenzübergänge. Um 00.02 Uhr sind alle Grenzübergänge der Stadt geöffnet (8).
Die Mauer ist gefallen, die Grenze geöffnet. Auch die Grenze der DDR zur
Bundesrepublik wird in dieser Nacht geöffnet.
Zehntausende DDR-Bürger können in dieser Nacht erstmals seit dem Bau der Mauer
am 13. August 1961 den Westteil der Stadt wieder frei betreten.
Fotos: (c) Heiko Burkhardt
oben: Grenzübergang Bornholmer Straße am 10.11.1989
unten: Tausende Menschen warten vor dem Grenzübergang Bornholmer Straße, um in
den Westen zu gelangen, 10.11.1989 gegen 15.00 Uhr
Quellen:
(1) Deutsches Rundfunkarchiv Berlin, Mauerfall
(2) DHM Berlin, Maueröffnung
(3) Chronik der Mauer, Dokumente vom 09.11.1989
(4) Thomas Flemming, Hagen Koch, Die Berliner Mauer, 1999, Seite 116
(5) ARD, Die Tagesschau
vom 09.11.1989
(6) Thomas Flemming, Hagen Koch, Die Berliner Mauer, 1999, Seite 118
(7) Hans-Hermann Hertle, Chronik des Mauerfalls, 1996, Seite 187
(8) Thomas Flemming, Hagen Koch, Die Berliner Mauer, 1999, Seite 119
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